2024-11-08 Lisa Wulff Trio Bericht
- Details
- Kategorie: Rückblick
Vilshofener Anzeiger vom 11. November 2024,
Faszinierende Klangwelten zum Finale
Bericht und Bilder: Thomas Krenn
Abschluss der Reihe „Herbstlaub 2024“: Lisa Wulff Trio verzaubert mit Dynamik, Improvisation, Interaktion
Pleinting. Ein fulminantes Finale der dreiteiligen Konzertreihe „Herbstlaub 2024“, organisiert von den Jazz- und Musikfreunden Vilshofen, hat es am Freitagabend in der gut besuchten Alten Kirche gegeben. Es spielte das Lisa Wulff Trio. Die Hamburger Kontrabassistin präsentierte mit Saxofonist Gabriel Coburger und Friedrich Paravicini am Cello ein vielseitiges Programm, hauptsächlich mit Liedern aus ihrer aktuellen Veröffentlichung „Poison Ivy“.
Schon der Auftakt, das gefühlvolle Stück „Someone Might Fall in Love with Your Smile“, zog das Publikum in den Bann. LisaWulff vertonte mehrere Gedichte von Wolfgang Borchert, einem 1921 in Hamburg-Eppendorf geborenen Schriftsteller. Wolfgang Borchert wurde nur 26 Jahrealt. Sein kurzes Leben war gekennzeichnet von Krieg und Krankheit. „Die stille Stunde“ und „Das ernste Lachen“ interpretierte Lisa Wulf aus dem Borchert Zyklus.
Lisa Wulff beschrieb die Musik des Trios als „sehr dynamisch“ und schwärmte: „Wenn man sich so gut kennt wie wir, passieren ganz viel unerwartete Dinge bei den Konzerten. Da kann man sich richtig fallen lassen.“ Und die Spielfreude war den drei Musikern anzusehen. Sie performten einmal in sich gekehrt, dann wieder den Blick der Mitmusiker suchend.
Friedrich Paravicini entlockte seinem Cello Töne, mit ganz unterschiedlichen Klangfarben. An die Filmmelodie von „Das Boot“ erinnerten die ganz tiefen, schweren Töne, dann ließ Paravicini sein Cello wieder schwerelos und sanft im Raum schweben.
Das Saxofon von Gabriel Coburger war sehr energiegeladen und fordernd. Es füllte den Raum, als ob der Musiker seine gesamte Kraft in jede Note legte. Bei leisen Passagen erzeugte Coburger einen flüsternden, fast hauchenden Ton.
Lisa Wulff, gebürtige Hamburgerin, die an der Musikhochschule Bremen und Hamburg Bass studierte, war 2016 Preisträgerin des IBSH JazzAwards, wurde 2017 mit ihrem Quartett-Album „Encounters“ für den Echo Jazz nominiert und bekam 2019 den Hamburger Jazzpreis verliehen. 2023 erhielt sie außerdem den Deutschen Jazzpreis in der Kategorie „Bass national“. Lisa Wulff ist fasziniert von den tiefen und voluminösen Frequenzen ihres Instruments. Sie legte das Fundament auf der kleinen Bühne in der Alten Kirche. Schwingend und groovend zeigte sich ihr Spiel, das jedem Stück eine Bewegung und Energie verlieh die zum Mitwippen einlud.
Lisa Wulff lässt sich beim Komponieren von ganz unterschiedlichen Einflüssen inspirieren. Das ist Musik, die sie hört, Menschen, mit denen sie zu tun hat, viel Persönliches, Begegnungen und globale Ereignisse, auch politische.
Mit dem Stück „on the rebound“ tröstet sich Lisa Wulff über so manche Dinge hinweg.
Die Bandleaderin ist begeistert von der Flexibilität ihrer beiden Mitmusiker. Wenn sie Stücke für das Trio schreibt, hat sie Paravicini und Coburger im Hinterkopf und komponiert den Freiraum für ihre Individualitäten. „Mir ist ganz wichtig, dass jeder auch seine solistische Stimme zum Ausdruck bringen kann und es nicht nur das Spielen meiner geschriebenen Noten ist“, erklärte sie dem Pleintinger Publikum. Paravicini und Coburger seien sehr starke Charaktere an ihren Instrumenten, die einen sehr eigenen Klang und eigenen Ansatz zur Musik hätten. „Deshalb läuft die Zusammenarbeit mit ihnen so gut“, beschrieb die Namensgeberin des Trios.
Der enge Raum der Alten Kirche bot eine ideale Atmosphäre für ein Konzert mit intensiver Interaktion.
„Gerade bei improvisierter Musik geht es sehr viel um die gemeinsame Stimmung im Raum und die Alte Kirche klingt wahnsinnig gut“, freute sich Lisa Wulf. Für sie war es sehr schön, dass das Publikum „das aufnahm was wir auf der Bühne machen“, obwohl das Trio sehr unterschiedliche Stücke frei spielte. „Das doppelte Lehrerkind“, wie sie sich selbst nannte, liebt es, von der Bühne aus in Gesichter im Publikum zu gucken und Reaktionen mitzubekommen. Für sie ist es schön in großen Hallen oder auf Festivals zu spielen, sie möchte es aber nie missen, in persönlichen, nahen Kontext ihre Musik zu spielen.
Nach einer Zugabe und unter langanhaltendem Applaus verabschiedete sich das Trio. Es hinterließ ein inspiriertes Publikum in der Alten Kirche, einem „sehr schönen Ort für Musik und Kultur“. Peter Wallner, Vorsitzender der Jazz- und Musikfreunden Vilshofen, freute sich über die gelungene Veranstaltungsreihe und dankte seinem Team, das dafür viel Arbeit und Herzblut investiert hatte.
Beim Publikum bedankte sich Wallner für die Wertschätzung der Arbeit der Jazz- und Musikfreunde.
Die Jazz- und Musikfreunde Pleinting konnten bereits die nächsten Konzerte ankündigen:
Am 8. März, Weltfrauentag, wird das Duo „Rabonde“ mit dem Programm „Voyage“ auf der Bühne in Pleinting stehen, gefolgt von einem besonderen Duo-Auftritt am 15. März mit Adam Bałdych, einem der herausragenden Geiger im Jazz, und Helge Lien, dem stilistisch vielseitigen Pianisten aus Norwegen. Es ist ein Duo mit Virtuosität, ausgeklügelte technische Raffinesse gepaart mit dem Bewusstsein für einen kammermusikalische Stimmung – zuhause irgendwo zwischen europäischen und US-amerikanischen Roots.
Weitere Bilder von Thomas Krenn: