Jazz in der Wurzn: Tastentiger Michael Alf mit Band, 3. Nov. 2010

3. November 2010
Mit der Boogie- Dampflockdurch die Wurz’n
„Tastentiger“ Michael Alf heizt mit Boogie-Woogie-Klängen das Wirtshaus ordentlich auf


Nein, die Besetzung Piano und Schlagwerk sei gar nicht so ungewöhnlich, erklärt Michael Alf zu Beginn seines Konzerts, sie gehöre vielmehr zu einer der klassischen Urbesetzungen des Boogie.
Dann legt er los. Und niemand aus den Zuhörerreihen kommt die nächsten zwei Stunden auf die Idee irgendein Instrument zu vermissen. Alf spielt den Boogie so unverschämt locker, die New Orleans-Musik so verschmitzt und den Blues von so ganz tief unten, dass er beim Publikum von den ersten Takten weg helle Begeisterung auslöst. Spontan setzt bei „Sheik of Araby“ Volksgesang ein. Und der wäre planmäßig erst beim nächsten Stück dran gewesen. Aber das Publikum ist hin und weg und das freut die Musiker natürlich. Sichtlich und hörbar wohl fühlen sie sich in der Wurz’n und bei ihrer – wie sie sagen - sachverständigen Zuhörerschaft. Sie überzeugen mit ausgezeichneter Dynamik und mit gut abgestimmten Mischung aus Witz und Können. Etwa wenn Alf mit der rechten Hand unter die linke greift und damit zur klassischen 20er Jahre Bassbegleitung ein cooles Jazzbasssolo zaubert. Neben den Originalstücken gibt es auch Eigenkompositionen oder –Interpretationen zu hören. Wer hätte erwartet, dass man die funkige Prince-Nummer „Kiss“ musikalisch von New Orleans nach Chicago ziehen kann?
Alfs eigentliches Metier ist natürlich der Boogie-Woogie. Mal dezent mal explosiv, stets aber zuverlässig begleitet von Thomas Gugger an Schlagzeug und Waschbrett (!) jagt er über die Tastatur. Das Ganze geht so kraftvoll und schnell von statten, dass einem die Spucke wegbleibt und dass man unweigerlich an große, schwarze, durch die Landschaft rasende Dampflokomotiven denken muss. Mochte man Alfs Beinamen „Tastentiger“ in der Konzertankündigung vielleicht noch für etwas vollmundig gehalten haben - solche Gedanken wurden einem durch sein Spiel gründlich weggeblasen.
Selbstverständlich wird, wer in Deutschland Boogie-Woogie spielt, mit dem großen Axel Zwingenberger verglichen. Alf braucht diesen Vergleich nicht scheuen. Er spielt den Boogie so lässig, so gefühlvoll und schwarz, dass sich der große Meister glatt noch eine Scheibe abschneiden könnte.
Vier Zugaben verlangt das Publikum – und die Musiker geben sie gerne. Belohnt werden sie mit einem Applaus, wie er in der Wurz’n schon lange nicht mehr zu hören war.

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